Was bedeutet eigentlich ...
                                                                                                           Hannoversche Allgemeine Zeitung 03.03.2001
                                                                                                           Autor Michael Stein
Kündigungsschutz? Teil 2

Paul Schneider hatte in den vergangenen Monaten in seinem Betrieb wenig zu tun - Auftragsmangel. Deshalb konnte sein Arbeitgeber Karl Krüger am 15. Januar eine betriebsbedingte Kündigung  ausgesprochen haben. Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) gibt dem Unternehmer das Recht, durch eine betriebsbedingte Kündigung die Anzahl seiner Arbeitnehmer an den tatsächlichen betrieblichen Bedarf anzupassen.

Zwei Hürden muss Krüger allerdings nehmen, damit die Kündigung vor dem KSchG Bestand hat. Er muss den Arbeitsrichter davon überzeugen, dass der Arbeitsplatz Schneiders auf absehbare Zeit entfallen kann. Die Sozialauswahl ist die zweite Hürde für den Arbeitgeber. Krüger muss eine Liste der Mitarbeiter vorlegen, die hinsichtlich Position und Tätigkeit Schneider vergleichbar sind. Der Arbeitsrichter überprüft dann, ob Schneider weniger sozial schützenswert ist als seine Kollegen und dehalb gekündigt werden durfte. Hierbei kommt es unter anderem auf das Lebensalter, die Betriebszugehörigkeit und Unterhaltspflichten an.

Schließlich verbleibt noch der dritte und letzte Kündigungsgrund, die personenbedingte Kündigung. Hierbei geht es im Wesentlichen darum, das das Arbeitsverhältnis durch gesundheitliche Beeinträchtigungen des Arbeitnehmers nachhaltig gestört ist. Belasten häufige Kurzerkrankungen des Mitarbeiters den betrieblichen Ablauf oder ist er auf Dauer gesundheitlich nicht in der Lage, den Arbeitsvertrag zu erfüllen, kann der Arbeitgeber deswegen kündigen. Risiko: Stellt der vom Gericht bestellte ärztliche Sachverständige fest, daß der Arbeitnehmer demnächst nicht mehr so oft krank sein wird beziehungsweise wieder voll arbeitsfähig ist, verliert der Arbeitgeber den Prozeß. Im ersten Gerichtstermin, dem Gütetermin, bemühen sich die Arbeitsrichter, eine gütliche Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu erreichen. Es geht meistens um einen Vergleich: Der Arbeitnehmer gibt seinen Arbeitsplatz gegen Zahlung einer Abfindung auf. Ist ein Vergleich für Schneider oder für seinen Arbeitgeber sinnvoll? Welche Erwägungen können beide Seiten anstellen?
Die Abfindung ist für den Arbeitgeber Krüger eine Investition. Er kauft Schneider den Kündigungsschutz ab und beseitigt dadurch eine organisatorische und finanzielle Ungewissheit für sein Unternehmen: Der eventuelle Prozeßgewinn des Mitarbeiters bedeutet neben der Rückkehr des Gekündigten in den Betrieb auch eine beträchtliche finanzielle Belastung für Krüger. Schneider hat im Fall des Siegs nämlich Anspruch auf Nachzahlung seines Gehalts. Er muß von Krüger so gestellt werden, als wenn er während der gesamten Zeit des Kündigungsschutzprozesses bei ihm gearbeitet hätte. Weiterhin muß der Arbeitgeber gegebenenfalls dem Arbeitsamt das Arbeitslosengeld erstatten, das Schneider erhalten hat. Krügers Nachzahlungen an ihn reduzieren sich dann aber um das Arbeitslosengeld.

Schneider hat ein Bruttogehalt von 4000 DM. Nach einem zweijährigen Prozeß (zwei Instanzen) muß Krüger deshalb mit einer Gesamtzahlung von mehr als 100 000 DM rechnen.

Mit der Vereinbarung seines Ausscheidens gegen Abfindung stellt Schneider sicher, daß er von sofort an uneingeschränkt seine berufliche Zukunft gestalten kann. Er ist nicht mehr mit dem Prozeß und seiner beruflichen Vergangenheit bei Krüger belastet. Aber auch für ihn hat die Vereinbarung eventuell finanzielle Nachteile.

Das Arbeitsamt wird prüfen, ob es gegen Schneider eine Sperrfrist für den Bezug von Arbeitslosengeld verhängt. Kommt es zu einer Sperrzeit, erhält Schneider zwölf Wochen kein Arbeitslosengeld. Darüber hinaus wird die Gesamtzeitdauer, in der an sich Arbeitslosengeld erhalten würde, um mindestens ein Viertel gekürzt. Wird darüber hinaus das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der Kündigungsfrist beendet, ruht das Arbeitslosengeld je nach Höhe der Abfindung, längstens bis zum Ende der Kündigungsfrist. Die Nachteile beim Arbeitslosengeld können auch dazu führen, daß sich Schneider während der Zeit, in der er kein Arbeitslosengeld erhält, auf eigene Kosten krankenversichern muß.

Mit welchen Prozeßkosten sollten Schneider und Krüger kalkulieren? Jeder von ihnen muß, unabhängig davon, ob er den Prozeß gewinnt oder verliert, in der ersten Instanz seinen Anwalt selbst bezahlen. Das gesetzliche Honorar eines Anwalts in dem Rechtsstreit Schneider gegen Krüger (Gebührenwert: 3 x 4000 DM) liegt in dieser Instanz zwischen 1600 DM und 3200 DM. Die Höhe des Honorars hängt letztlich davon ab, ob das Gericht Beweis erhoben hat und ob ein Vergleich abgeschlossen wurde. Die Gerichtskosten dieser Instanz, die der Unterlegene tagen muß, liegen bei rund 500 DM. In der zweiten Insatz muß der Verlierer auch das Honorar des gegnerischen Anwalts bezahlen. In dieser Instanz sind die Prozeßkosten rund 30 Prozent höher.

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