Gekonnt miteinander streiten
                                                                                                                                 Hannoversche Allgemeine Zeitung 16.09.2000
                                                                                                                                    mit Michael Stein sprach Ralf-Günther Münchow

Konflikte am Arbeitsplatz sind nicht nur angenehm; sie entscheiden manchmal über Erfolg oder Mißerfolg von Projekten. Wenn man jedoch Streittechniken geschickt anwendet, entsteht aus dem Konflikt sogar Mehrwert. Mediation heißt das Zauberwort.

Daß Streit von Nutzen sein kann, können doch eigentlich nur die jeweiligen Gewinner behaupten ...
Ein Streit muß nicht zwangsläufig einen Gewinner und einen Verlierer haben. In jedem Konflikt steckt die Chance der Klärung und Entwicklung. Mediatoren haben gelernt, Streitparteien zu helfen, diesen Nutzen zu erschließen. Diese Methode des Streitens ist also auch effektiv: die Kosten- und Zeitersparnis ist oft erheblich.

Schön geworben. Wie arbeiten Wirtschaftsmediatoren?
Grundsätzlich gilt: Das Dilemma von Konflikten ist, daß Ansprüche aufgebaut, begründet, widerlegt werden. Maß weiß zwar, was man selbst möchte, verliert aber gelegentlich den Zweck der eingenommenen Position aus den Augen. Man hört der Gegenseite zu, aber was sie eigentlich will, erschließt sich einem nicht immer wirklich. Häufig endet Streit vor Gericht. Wir Wirtschaftsmediatoren unterstützen die Parteien dabei, nicht nur die jeweiligen Positionen herauszuarbeiten, sondern auch Hintergründe zu beachten. Letztlich konzentrieren sich die Streitenden auf ihre Interessen, die hinter den Positionen stehen. Beide Seiten entwickeln Optionen, wie sie ihre Ziele unabhängig von der bisherigen Position erreichen können.

Das klingt sachlich. Wo bleiben Gefühle?
Ein Streit ist Ausdruck einer ins Stocken geratenen Kommunikation. Jeder Konflikt hat eine sachliche und eine emotionale Ebene. Der Mediator bemüht sich auf beiden Ebenen, das Gespräch wieder in Gang zu bringen. Er fördert Offenheit, Vertrauen und Toleranz, indem er als Außenstehender für beide Seiten ergreift.

Ein konkretes Beispiel? 
Ein 30-jähriger ehemaliger Trainée erhielt seine erste Projektverantwortung - und bekam ein massives Autoriätsproplem mit älteren, langgedienten Kollen. Denkbare Konsequenz für ihn ist gewesen, daß er die Oberhand behält. Dann jedoch hätten einige Teammitglieder innerlich gekündigt, Dienst nach Vorschrift gemacht und wären am Ende vielleicht sogar gegangen. Selbst wenn sich das Team arrangiert hätte, wäre der Ärger auf dem “Seelenkonto” verbucht worden. Der Konflikt hätte das Team beschädigt und keinen Vorteil gebracht.

Welche Lösung gab es?
Ich habe mit beiden Seiten ausführlich die Positionen geklärt. Der Projektleiter berief sich auf seinen Vorgesetztenstatus. Seine Opponenten weisen auf ihr Alter, die Berufserfahrung hin und lehnten deshalb seine Anweisungen ab. Im nächsten Schritt steuerte ich auf Hintergründe, also auf die Interessen der Kontrahenten zu. Dem Teamchef ging es um Effizienz, um schnelles Abarbeiten. Die ungewohnte Verantwortung machte ihm wahrscheinlich zugleich Angst. Auf der Gegenseite fühlten sich einige Teammitglieder durch sein schneidiges Auftreten verletzt. Sie fürchteten, dass beim Effizienzdenken ihre Beiträge nicht ausreichend berücksichtigt und gewürdigt werden würden. Durch die Diskussion der Standpunkte entwickelten beide Seiten Verständnis für die jeweils andere Seite. Im nächsten Schritt wurden Ideen erarbeitet, wie sich die unterschiedlichen Interessen verbinden lassen.

Das klingt alles sehr schön. Gab es auch ein konkretes Ergebnis?
In der schriftlichen Vereinbarung wurde unter anderem gemeinsam erarbeitet: Neuverteilung der Aufgaben und der Verantwortung von “Sprechstunden” des Projektleiters, Sonnabendsarbeit im Notfall. Ich hatte den Eindruck, daß das Projektziel nun sogar zur Herzenssache für die meisten Teammitglieder geworden war. 

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